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So, 11:01 Uhr
22.01.2017
Forum

Den Trump hat die Welt verdient

Trump wurde als Unternehmer reich. Er wurde vom Kapitalismus belohnt, weil er Mitbewerber besser als andere ausknocken konnte, weil er vielleicht stress- und kritikresistenter war als andere und weil er Netzwerke weben konnte, vielleicht weil er sich selbst und seinen Erfolg mehr als anderes und andere liebte und weil er viel Glück hatte...


Die Freiheit im angeblich freiesten Land der Welt hindert auch solche Personen nicht daran, Präsident zu werden. Anders formuliert: Kennen Sie irgendeinen US-Präsidenten der letzten Jahrzehnte, der nicht mindestens Millionär war?

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Ist es nicht das Größte, was dem kapitalistischsten Land der Welt passieren kann? Ein Unternehmer als Präsident, der politische Macht mit unternehmerischen Methoden gestalten kann, zugunsten eines „auserwählten Volkes“ lauter Profiteure? Der zur Politik macht, nicht nützliche „Mitarbeiter“ auf welche Weise auch immer zu entlassen und die Firma USA, beworben mit „America first“ zum florierendsten Konzern aller Zeiten zu machen?

Dass nun ausgerechnet der politikunerfahrene Unternehmer Trump und das Ursprungsland des Kapitalismus, Großbritannien, Maßnahmen gegen die Globalisierung des Kapitals ergreifen, das hatte Marx so wohl nicht eingeplant. Trump aber dreht das Rad der vermeintlichen Geschichte zurück, weil die Industrieländer, USA inklusive, ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben: Die Chance, den Ausgestoßenen und Armen, den Hungernden, Arbeitslosen und Vernachlässigten in aller Welt zu beweisen, dass die Globalisierung nicht nur für die eh schon Reichen, sondern auch für ihre persönliche Lebenssituation eine Verbesserung bringt, wurde von den demokratisch regierten, die Globalisierung vorantreibenden Ländern so gut wie nicht genutzt. Mit ihrem Versagen haben sie Trump und vor allem seine Politik möglich gemacht.

Man könnte dem bisher erlebten Kapitalismus also abermals und immer, immer wieder die Unfähigkeit bescheinigen, seine ihm innewohnenden Widersprüche wirklich lösen zu können. Kein Hollywood-Film ist auch nur annähernd gut genug, um uns die Folgen dieser Art des Terrorismus plausibel zu machen. Die demokratischen, aber auch die anderen Länder befeuern ihn mit einem Gemisch aus Untätigkeit, egoistischen Entscheidungen und Verschieberitis tagtäglich von neuem. In der DDR lernten wir die theoretischen Grundlagen. Nun ist die Erde im Praktikum.

So gut wie alle Widersprüche in unserer Welt spitzen sich zu. Kaum eines der UN-Milleniumsziele wurde bisher mit dem so dringend notwendigen durchschlagenden Enthusiasmus angegangen. Nicht die Armut, nicht die schreienden Gegensätze zwischen arm und reich, nicht die dramatische Bevölkerungsexplosion, nicht der Klimawandel, nicht die Zerstörung der Wälder, der Genressourcen, nicht die Befriedung der allzu oft selbst verschuldeten Konflikte u.s.w..

All diese ungelösten Probleme zusammengenommen verstärken sich untereinander. Die Millionen Flüchtlinge, die vor der europäischen Tür stehen, sind nur EIN Ergebnis dessen.

Und die Unfähigkeit, ja gewisse Korruptheit der politischen Eliten im Interesse ihrer Macht, die es Konzernen wie VW und anderen über Jahre hinweg ermöglicht, die ganze Welt zu belügen und zu betrügen, kann dem Ansehen der heutigen Politiker und ihrer Behörden nur weiteren Abbruch tun. Unterstützt werden sie in ihrem Verhalten dabei indirekt von dem überwiegend mit Konsum beschäftigten, aber sich der Probleme durchaus bewussten Wohlstandsbürger, der keinen vernünftigen Grund sieht, und auch keine Zeit haben möchte, zu protestieren. Dabei kommt er ja nur der ihm zugedachten Aufgabe nach.

Somit ist ein Trump als Präsident das leibhaftige Ergebnis nicht nur dessen, was in den USA versäumt wurde, sondern er ist Ausdruck einer unglaublichen Hilflosigkeit und des Egoismus der politischen Klasse in der so genannten freien Welt. Wollte diese es denn nicht besser machen mit den Problemen, von Jahr zu Jahr, von Konferenz zu Konferenz? Mit wie viel Arroganz und auch militärischer Selbstgefälligkeit ist der freie Westen, nach dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums anderen Ländern entgegengetreten? Irak, Libyen, Afghanistan, Russland?

Wenn ausgerechnet ein Donald Trump auf Russland zugeht, nicht aber zuvor Obama oder Frau Merkel, und dass angesichts der großen Bedeutung des USA-Russland-Verhältnisses für die gesamte Welt, dann wissen Sie, was ich unter anderem meine. Auffallend ist, dass die Welt ruhiger und insgesamt sicherer war, als es die sozialistischen Länder noch gab.

Ob ein US-Präsident Trump neue Impulse für die Lösung der sich immer weiter zuspitzenden Weltprobleme geben kann, ist indes fraglich. Denn sie sind und bleiben global. Unternehmer, die nur in den Kategorien Soll und Haben denken, sind mit der ungleich höheren Komplexität der über Leben und Tod entscheidenden Politik und Ökologie wahrscheinlich überfordert.

Globale Probleme aber holen uns irgendwann ein. Menschgemachte Grenzen, selbst wenn Trump sie hochzieht, interessieren sie nicht. Quantität ist, Marx ist überall, irgendwann schon immer in eine neue Qualität umgeschlagen, ob menschgemachte Grenzen nun vorhanden waren oder eben nicht. Und diese neue Qualität kann zwischen Paradies und Apokalypse so ziemlich jeden Zustand einnehmen. Wir in Deutschland wissen das nur zu gut.

Abschottung und die Besinnung auf nationale Werte machte also nur dann Sinn, wenn trotzdem schnell neue Wege gefunden würden, um die zahllosen Konflikte und die ungelösten, vor uns liegenden Dramen mit Millionen Opfern (Stichwort Klimawandel), zu beseitigen. Zusätzliche Konflikte sollten also nicht entstehen, durch Trumps Politik. Wie realistisch aber ist das?

Donald Trump wurde gewählt. Er hat dieselbe Chance, es besser zu machen, wie seine Vorgänger und die Politiker in allen anderen Ländern der Welt. Neues und Unbekanntes ängstigt uns naturgemäß oft. Doch er könnte zumindest theoretisch das unmöglich Erscheinende beweisen, dass nämlich der Kapitalismus die von ihm selbst geschaffenen Weltprobleme doch noch lösen kann. Nur: Wie viel Zeit für immer neue Chancen und Experimente haben wir noch?
Bodo Schwarzberg
Autor: red

Anmerkung der Redaktion:
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Kommentare
Frank1966
22.01.2017, 14.37 Uhr
Das riecht nach Pulitzer-Preis
Inhaltlich und in seiner klaren Sprache, ein absolut ausgezeichneter und , aus meiner Sicht, richtiger und wahrer Beitrag.
Natürlich wird es auch wieder Kritiker geben, weil sich diese in diesem System wohlfühlen.
Danke für dieses journalistische Dessert ( bin gerade mit dem Mittagessen durch ) ; )
kein
23.01.2017, 07.12 Uhr
Pulitzer-Preis
Schreiberlinge die uns die Probleme aufzeichnen gibt es genug . Gut das wir mal darüber gesprochen haben und wie weiter? Ach...wie gehabt
ScampiTom
23.01.2017, 17.47 Uhr
was juckt es
die Eiche, wenn eine Sau dich daran kratzt?
Jeder will wissen das Trump versagt und alles falsch macht. Wenn auch nur ein Krieg beendet würde und kein Neuer dazu käme wäre er für mich schon ein besserer Präsident.
Herr Taft
23.01.2017, 17.50 Uhr
Mich wurde mal interessieren...
....Welche REALISTISCHE Alternative zum demokratischen und sozialkapitalistischen System unsere omnipresenten Kritiker hier so sehen...

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